Menschen unterscheiden sich in ihrer Gedächtnisleistung. Forschende der Universität Basel haben nun herausgefunden, dass bestimmte Hirnsignale mit diesen Unterschieden zusammenhängen.
Bestimmte Hirnregionen spielen für Gedächtnisprozesse eine entscheidende Rolle. Jedoch war es bisher unklar, ob diese Regionen bei Menschen mit einem guten Gedächtnis andere Aktivitäten beim Abspeichern von Informationen aufweisen als bei jenen mit einem schwächeren Gedächtnis.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Dominique de Quervain und Prof. Dr. Andreas Papassotiropoulos ist dieser Frage nachgegangen und veröffentlicht die Ergebnisse nun im Fachjournal «Nature Communications».
In der weltweit grössten funktionellen Bildgebungsstudie zum Gedächtnis liessen sie knapp 1’500 Studienteilnehmende zwischen 18 und 35 Jahren insgesamt 72 Bilder anschauen und sich merken. Währenddessen zeichneten die Forschenden die Hirnaktivität der Probandinnen und Probanden mittels MRI auf. Anschliessend sollten die Teilnehmenden so viele Bilder wie möglich aus dem Gedächtnis abrufen. Wie in der Allgemeinbevölkerung gab es unter den Probandinnen und Probanden grosse Unterschiede in der Gedächtnisleistung.
Signale in Hirnregionen und Netzwerken
In bestimmten Hirnregionen, unter anderem im Hippocampus, stellten die Forschenden einen direkten Zusammenhang zwischen der Hirnaktivität während des Abspeicherungsprozesses und der späteren Gedächtnisleistung fest. Personen mit besserem Gedächtnis zeigten dabei eine stärkere Aktivierung dieser Hirnareale. Bei anderen gedächtnisrelevanten Hirnbereichen in der hinteren Hirnrinde zeigte sich indes kein solcher Zusammenhang; sie waren bei Personen mit besserem und solchen mit schwächerem Gedächtnis gleichermassen aktiv.
Darüber hinaus konnten die Forschenden funktionelle Netzwerke im Gehirn identifizieren, die mit der Gedächtnisleistung verknüpft waren. Diese Netzwerke bestehen aus verschiedenen Hirnregionen, die miteinander kommunizieren, um komplexe Prozesse, wie das Abspeichern von Informationen, zu ermöglichen.
«Die Erkenntnisse helfen uns, besser zu verstehen, wie es zu den Unterschieden in der Gedächtnisleistung zwischen Menschen kommt», sagt Dr. Léonie Geissmann, die Erstautorin der Studie. Die Hirnsignale einer einzelnen Person würden jedoch keine Rückschlüsse auf deren Gedächtnisleistung zulassen.
Die gewonnenen Daten seien von grosser Bedeutung für zukünftige Forschungsarbeiten, welche darauf abzielen, biologische Merkmale wie genetische Marker mit Hirnsignalen in Verbindung zu bringen, so die Forschenden.
Basler Forschung zum Gedächtnis
Die aktuelle Studie ist Teil eines gross angelegten Forschungsprojekts des Forschungsclusters Molecular and Cognitive Neurosciences des Departements Biomedizin der Universität Basel und der Universitären Psychiatrischen Kliniken. Ziel dieses Projekts ist es, ein tieferes Verständnis von Gedächtnisprozessen zu gewinnen und die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in klinische Anwendungen zu überführen.
Originalpublikation
Léonie Geissmann, David Coynel, Andreas Papassotiropoulos & Dominique J. F. de Quervain.
Neurofunctional underpinnings of individual differences in visual episodic memory performance.
Nature Communications (2023)
Weitere Auskünfte
Prof. Dr. Dominique de Quervain, Universität Basel, Departement Biomedizin, Forschungscluster Molecular and Cognitive Neurosciences / Universitäre Psychiatrischen Kliniken Basel, Mail: dominique.dequervain@nospam-unibas.ch
Quelle:
Universität Basel
www.unibas.ch